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Angeborene Herzfehler (Situationsbeschreibung) Seite 12 von 15

Haben herzkranke Kinder Probleme in Kindereinrichtungen und Schule?

Chronisch herzkranke Kinder werden von ihren Eltern sehr zeitig darauf hingewiesen, wie wichtig ein guter Schulabschluss gerade für sie ist. Die permanente Erfahrung ihrer Belastungsgrenzen lässt sie früh verstehen, dass sie einmal nicht in der Lage sein werden, überwiegend aus körperlicher Arbeit ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Aber ihr Bemühen, den Schulalltag gut zu meistern, wird wiederum durch die chronische Herzkrankheit behindert.

Fehlzeiten in der Schule durch kurze oder gar lange Klinikaufenthalte kennen viele herzkranke Kinder. Hinzu kommt die Erfahrung hin und wieder im Wohlbefinden plötzlich besonders beeinträchtigt zu sein. An solchen Tagen ist ihre Belastungsgrenze schneller erreicht und deutlicher spürbar, denn auch ihre Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer ist in starkem Maße beeinträchtigt. In dieser Situation den Anschluss in der Schule nicht zu verlieren, erfordert von ihnen zusätzliche Eigeninitiative und Freizeitopfer an Tagen, die ihre gesunden Mitschüler zur Freizeitbeschäftigung und zum Ausruhen nutzen können. Einige können diese Ungerechtigkeit nur schwer überwinden und verlieren an Motivation trotz allem den Schulstoff nachzuholen.

Die körperliche Belastbarkeit nach erfolgreicher Herzoperation ist bei den meisten Kindern kaum eingeschränkt. Hochleistungssport ist dennoch bei keinem Kind angeraten. An welchen sportlichen Aktivitäten das Kind teilnehmen kann, sollte der behandelnde Kinderkardiologe festlegen. Am Schulsport sollten die Kinder immer beteiligt sein, auch wenn ihre Belastbarkeit nicht den Anforderungen im Schulsport genügt. Meist kennen die Kinder ihre Grenzen sehr genau und viele von ihnen werden von ihrem Körper selbst gezwungen Ruhepausen einzulegen. Dieses Wissen und diese Erfahrung kann das Selbstwertgefühl des Kindes beeinträchtigen. Besonders wenn das Kind immer wieder seine Situation erklären muss, ist sein unbefangener Umgang mit anderen Kindern mehr und mehr beeinträchtigt. Gerade im Schulsport sollte deshalb immer ein akzeptabler Mittelweg gefunden werden, um das Kind zu integrieren, es entsprechend seines Vermögens zu belasten, es aber nicht zu überfordern.

Häufig erhalten herzkranke Kinder, die absolut keine sportlichen Aktivitäten leisten dürfen, die Erlaubnis der Schule während der Sportstunde zu Hause zu bleiben. Ein anderer Lösungsweg, wie die Beteiligung am Unterricht in einer Parallelklasse während der Zeit, erscheint ebenfalls vielen Lehrern als beste Lösung. Für das betroffene Kind ist dies aber eher eine weitere Ungerechtigkeit, die es wegen seines Herzfehlers ertragen muss. Denn auch bei Mitschülern gerät es so in eine Außenseiterposition, muss sich häufig für diesen vermeintlichen Vorteil aufgrund seines Herzfehlers erklären oder gar verteidigen. Besser ist es das Kind am Sportunterricht durch Übertragung kleiner Aufgaben zu beteiligen. So können zum Beispiel Messungen beim Weitsprung oder ähnliche Hilfestellungen übernommen werden.

Besonders schwierig ist die Situation größerer Kinder und Jugendlicher, deren weit fortgeschrittene Herzerkrankung zur Aufnahme in die Warteliste für eine Herz- oder Herz-Lungentransplantation zwingt. Oft haben diese Kinder schon umfangreiche Operationserfahrungen und zahlreiche Hochs und Tiefs in Schule und Freizeit durchlebt. Sie wissen, dass die Transplantation eine große Hoffnung, aber auch eine ungewisse Zukunft für sie bedeutet und sie wissen vom Tod. Sie reden darüber nur sehr selten und konzentrieren sich besonders stark auf das Leben. Für sie bedeutet die Schule mehr als nur Lernen. In der Schule können sie mit gleichaltrigen zusammen sein, denn nach der Schule sind sie erschöpft und brauchen ihre Freizeit immer mehr zum Ruhen, um am nächsten Tag wieder an der Schule teilnehmen zu können.

Konzentration und geistige Arbeit wird für sie zur Schwerstarbeit. Oft plagen sie schon nach kurzer Unterrichtszeit Kopfschmerzen. Der täglich mehrmals zu bewältigende Wechsel von Fachraum zu Fachraum verlangt von ihnen körperliche Anstrengung, müssen sie sich doch wie ihre gesunden Schulkammerraden durch und mit einem Schülerstrom über Treppen und menschengefüllte Gänge kämpfen. Haben sie den Fachraum erreicht, wäre eigentlich eine Erholungspause dringend notwendig, doch der Unterricht beginnt erneut. Die Konzentration ist dadurch zusätzlich erschwert.

Kinder und Jugendliche in dieser Situation müssen sich dann für den Hausunterricht entscheiden, der ihnen neben dem Vorteil die eingeschlagene Schullaufbahn fortsetzen zu können, den Nachteil der zunehmenden Isolation bringt. Kontakte zu Klassenkammeraden gehen verloren. Am Schulleben sind sie nicht mehr beteiligt. Der Hausunterricht kann oft nur die Hauptfächer berücksichtigen. Abschlüsse in Nebenfächern können dann nur in konsequentem Selbststudium erreicht werden.

Copyright, © 2000 Karin Nebeling, Krankenschwester           infobox
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